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Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6 % ist ab dem Jahr 2014 verfassungswidrig

Die Finanzverwaltung setzt bisher sowohl bei Steuererstattungen als auch bei -Nachzahlungen einen Zinssatz von 6,0 % jährlich oder 0,5% monatlich an.

Das ist weit entfernt von einem Marktzins. Das sieht auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) so.

Wie heute in einer Pressemitteilung des BVerfG bekannt gegeben wurde, hat der Erste Senat am 08.07.2021 den Beschluss gefasst, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen in § 233a in Verbindung mit § 238 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (im Folgenden: AO) verfassungswidrig ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5 % zugrunde gelegt wird.

Die Unvereinbarkeit der Verzinsung nach § 233a AO mit dem Grundgesetz umfasst ebenso die Erstattungszinsen zugunsten der Steuerpflichtigen.

Das bisherige Recht ist für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar.

Für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume sind die Vorschriften dagegen nicht mehr anzuwenden.

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Daher kann auch Ihr Steuerberater zur Zeit noch nicht berechnen, wie hoch eine eventuelle Änderung betragsmäßig ausfällt.

Wie ist die ortsübliche Miete im Rahmen der Werbungskostenkappung (i.S.v. § 21 Abs. 2 EStG) zu ermitteln?

Zum Teil herrscht bei den Vermietern, die eine Wohnung verbilligt vermieten, Unsicherheit darüber, wie weit sie unter der sogenannten ortsüblichen Miete bleiben dürfen, ohne dass die Werbungskosten gekürzt werden.

Der Gesetzgeber hat in § 21 Abs. 2 Einkommensteuergesetz dazu eine Regelung getroffen, die bei vermietetem Wohnraum ggf. zu einer Kürzung der Werbungskosten führt. Die gesetzliche Regelung ist bereits von Beginn an immer wieder starken Veränderungen unterworfen gewesen.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass es schwer fällt, den Überblick zu behalten.

Der aktuelle Rechtsstand (07 2021):

Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 v.H. der ortsüblichen Miete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.

Diese Regelung bewirkt, dass Werbungkosten prozentual zu kürzen sind. Beträgt z.B. die erzielte Miete 40 v.H. der ortsüblichen Miete, so sind lediglich 40 v.H. der Werbungskosten abzugsfähig.

Die Finanzbehörden investieren häufig erhebliche Arbeit in die Feststellung, dass die tatsächlich erzielte Miete unter der Grenze von 50 v.H. der ortsüblichen Miete liegt. Die Motivation ist hierbei sehr deutlich – die Steuerlast wird höher und die Einnahmen aus der Einkommensteuer steigen.

Entscheidend im Rahmen der vorstehend beschriebenen Problematik ist, wie der Begriff der „ortsüblichen“ Miete zu definieren ist.

Im Streitfall beim BFH aus dem Jahr 2020 (BFH vom 22.2.2021 IX R 7/20) hatten das Finanzamt und das Finanzgericht als Vergleichsmaßstab im Rahmen der Vermietung einer Eigentumswohnung durch die Eltern an ihre Tochter die erzielte Miete aus einer vergleichbaren Wohnung im selben Haus herangezogen.

Dieser Rechtsauffassung ist der BFH nicht gefolgt.

Es ist sehr zu begrüßen, dass der BFH nun erstmals die konkreten Kriterien im Rahmen der Anwendung des § 21 Abs. 2 EStG definiert hat.
Demnach hat eine Ermittlung der ortsüblichen Miete vorrangig durch eine Anwendung des Mietspiegels zur erfolgen.

Soweit kein Mietspiegel existiert bzw. er ausnahmsweise nicht zugrunde gelegt werden kann, hat der BFH drei Alternativen für die Ermittlung der ortsüblichen Miete aufgezählt:

  • Die Erstellung eines Gutachtens durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen i.S. des § 558 Abs. 2 Nr. 3 BGB
  • Durch die Auskunft einer Mietdatenbank, i.S. von § 558 Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. § 558e BGB
  • Oder unter Zugrundelegung der Entgelte für zumindest drei vergleichbare Wohnungen i.S. des § 558 Abs. 2 Nr. 4 BGB

Jeder dieser Ermittlungswege ist grundsätzlich gleichrangig.
Diese klaren Äußerungen des BFH vermitteln nunmehr Rechtssicherheit. Nur zur Ergänzung möchte ich klarstellend darauf hinzuweisen, dass der IX. Senat des BFH in der aktuellen Entscheidung an seiner früher vertretenen Rechtsauffassung (Beschluss vom 19.9.2008 IX B 102/08, BFH-NV 2009, 246), dass eine Vermietung im gleichen Haus bei der Marktmietermittlung zugrunde gelegt werden kann, nicht mehr festhält.

Fazit:

Wenn Sie wissen, dass Sie mit Ihrer Vermietung unter der ortsüblichen Miete liegen, sollten Sie einen aktuellen Ausdruck des Mietspiegels oder eine der oben genannten Alternativen Ihrer Ausfertigung des Mietvertrags beilegen. Dann können etwaige Nachfragen und Ermittlungen der Finanzverwaltung nicht zu bösen Überraschungen führen.

Corona und Kurzarbeit‎ / Kurzarbeitergeld

Erleichterungen für Kurzarbeitergeld werden voraussichtlich verlängert

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen Referentenentwurf zur Dritten Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung vorgelegt. Die Verordnung soll am 2. Juni 2021 vom Bundeskabinett beschlossen werden Die Corona-Sonderregeln, die bisher am Ende Juni auslaufen sollten, werden voraussichtlich bis 30. September verlängert. Das bedeutet:

  • Erleichterter Zugang für die Gewährung des Kurzarbeitergeldes: Dies umfasst die Absenkung der Mindesterfordernisse (Statt einem Drittel der Belegschaft muss nur 10 Prozent vom Arbeitsausfall betroffen sein), den Verzicht auf den Aufbau negativer Arbeitssalden und die Gewährung von Kurzarbeitergeld auch für Leiharbeit.
  • Vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge
  • Vom 1. Oktober 2021 an soll die Erstattung stufenweise abgebaut werden (wie bisher bis Ende Dezember 2021 noch 50-prozentige Erstattung, ab 2022 „normale“ Regel ohne Erstattung). Bei Insolvenzverfahren soll für den Zeitraum zwischen dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Entscheidung des Insolvenzgerichts kein Anspruch auf Erstattung bestehen.

Antragsfrist für Kurzarbeitergeld

Betriebe, die bis 30. Juni erstmals oder nach dreimonatiger Unterbrechung erneut Kurzarbeit einführen, können die erleichterten Zugangsbedingungen zum Kurzarbeitergeld bis 31. Dezember 2021 in Anspruch nehmen. Nach aktueller Rechtslage gelten die Erleichterungen nur für Betriebe, die bis zum 31. März 2021 Kurzarbeit eingeführt haben.

Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld wird verlängert

  • Der Bundestag hat am 20. November gebilligt, die Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld von regulär zwölf auf bis zu 24 Monate zu verlängern. Dies gilt für Betriebe, die bis zum 31. Dezember 2020 Kurzarbeit
    eingeführt haben. Maximal gibt es Kurzarbeitergeld bis zum 31.12.2021.
  • Die Sozialversicherungsbeiträge werden bis zum 30. Juni 2021 vollständig erstattet . Danach werden bis höchstens 31. Dezember 2021 allen Betrieben, die bis zum 30. Juni 2021 Kurzarbeit eingeführt haben, die Sozialversicherungsbeiträge zur Hälfte zu erstattet. Diese hälftige Erstattung kann auf bis zu 100 Prozent erhöht werden, wenn eine Qualifizierung während der Kurzarbeit erfolgt.
  • Das Kurzarbeitergeld wird wegen Corona weiter höher sein: Es beträgt 70 beziehungsweise 77 Prozent vom vierten Monat an, 80 beziehungsweise 87 Prozent vom siebten Monat an . Dies gilt bis 31. Dezember 2021 für alle, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist. Regulär beträgt das Kurzarbeitergeld 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns, für Berufstätige mit Kindern 67 Prozent.

UPDATE

Beschlüsse vom 9. Juni 2021

Antragsfrist für Kurzarbeit verlängert

Unternehmen können den erleichterten Zugang zu Kurzarbeitergeld weiterhin in Anspruch nehmen. Das Bundeskabinett hat gestern – 09.06.2021- beschlossen, die Antragsfrist um drei Monate bis zum 30.09.2021 zu verlängern.

Überbrückungshilfe III und Neustarthilfe verlängert und erweitert

Die Bundesregierung verlängert wegen der fortdauernden Einschränkungen die Überbrückungshilfen für bestimmte betroffene Unternehmen und Soloselbstständige bis zum 30.09.2021 als Überbrückungshilfe III Plus. Die bisherigen Förderbedingungen werden in der Überbrückungshilfe III Plus beibehalten. Neu hinzu kommt die Restart-Prämie, mit der Unternehmen einen höheren Zuschuss zu den Personalkosten erhalten können. Die Neustarthilfe wird ebenfalls bis zum 30.09.2021 als Neustarthilfe Plus weitergeführt.

Überbrückungshilfe Phase 2: Fördermonate September bis Dezember

Fördermonate September bis Dezember
Die Phase II der Überbrückungshilfe umfasst die Fördermonate September bis Dezember 2020. Anträge für die Phase II können seit 21. Oktober gestellt werden. Die Antragsfrist endet nach aktueller Verlängerung erst am 31. März 2021.

Das Wichtigste

  • Flexibilisierung der Eintrittsschwelle: Zur Antragstellung berechtigt sind künftig Antragsteller, die entweder
  • einen Umsatzeinbruch von mindestens 50 % in zwei zusammenhängenden Monaten im Zeitraum April bis August 2020 gegenüber den jeweiligen Vorjahresmonaten oder
  • einen Umsatzeinbruch von mindestens 30 % im Durchschnitt in den Monaten April bis August 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum verzeichnet haben.
  • Ersatzlose Streichung der KMU-Deckelungsbeträge
  • Erhöhung der Fördersätze: Künftig werden erstattet
  • 90 % der Fixkosten bei mehr als 70 % Umsatzeinbruch
  • 60 % der Fixkosten bei einem Umsatzeinbruch zwischen 50 % und 70 %
  • 40 % der Fixkosten bei einem Umsatzeinbruch von mehr als 30 %.
  • Die Personalkostenpauschale von 10 % der förderfähigen Kosten wird auf 20 % erhöht.
  • Bei der Schlussabrechnung sollen künftig Nachzahlungen ebenso möglich sein wie Rückforderungen.

Die Antragsstellung läuft wie bei Phase I der Überbrückungshilfe über einen prüfenden Dritten (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Anwalt).